Kontext: Grosse Männer setzen sich für grosse
Werte mit enormen Aufwand an Material und Menschen ein. Da sie
dies aber nur mit 1/3 ihrer inneren Ressourcen, den in Bezug auf
ihre Lebenserfüllung unbewussten, mit
Teilsystemoptimierung auf Kosten des Ganzen tun, führt
das am Ende jedoch immer nur in immer grössere Krisen.
Kein Wunder, hinterliess der Wirtschaftsboom in der
Nachkriegszeit, der längste aller Zeiten, kaum Gesichter. Es
blieb die erste Generation der Produkte, die uns nun
Beliebigkeit ermöglichen. Dafür wollte man keine
Führer und Helden mehr; davon hatte man aus dem 2. Weltkrieg
die Nase voll. Man wollte Technokraten für bürokratisch
organisierte, in Kartellen abgeschottete Unternehmen mit
schwerfälligen Hierarchien. Sie machten bis hin zum
Direktor langsame, berechenbare Karrieren, die einem 30-
jährigen Schachspiel glichen. Kandidaten für das oberste
Kader wurden Jahrzehnte beschnüffelt, bis sie den
richtigen Geruch annahmen. Die obersten Chefs verdienten gut, aber
nicht spektakulär. Dafür war das Risiko gering.
Denn der Markt schluckte fast jedes Produkt. Passierte
trotzdem etwas Dummes, sprang der Staat ein - mit einem
Grossauftrag hier oder einer Exportrisikogarantie dort. "Es war
eine tolle Hochkonjunktur", erinnerte sich etwa die
spätere graue Eminenz der FDP, Ulrich Bremi, an seine
Anfänge als Firmenchef 1963: "Man konnte die Ski verkanten,
wie man wollte, es kam immer gut raus."
Noch im Kalten Krieg endete der Erwerbsfriede
Anfang der 80er-Jahre, zuerst in Amerika. Die grossen Konzerne
waren in den 70ern schleichend weniger profitabel geworden,
ihre Rendite sank von 8 auf 6 Prozent. Ein Grund für die
Trägheit war Wachstum und Verfilzung. Fast alle
Giganten waren Mischkonzerne. Die fetten, labyrinthischen
Organisationen lockten Firmenräuber an: Raider. Diese
übernahmen mit geliehenen Millionen Grosskonzerne und
schlachteten sie. Die Profite waren sensationell. Die Raider
wurden stinkreich, in der Schweiz ein 23-jähriger ehemaliger
Banklehrling namens Werner K. Rey, der über Nacht das
Traditionsunternehmen Bally übernahm. Das Establishment
war entsetzt. "Gier ist in Ordnung . . . jeder sollte etwas gierig
sein." Entsprechend scharf kontrollierten die
Finanzbehörden. Wenige Jahre nach ihren Coups mit
"kreativen Buchhaltungen landeten fast alle Raider im
Gefängnis. Die Handschellen klickten unter
Applaus.
Nun begannen die Grossaktionäre Druck auf
die Verwaltungsräte ihrer Firmen zu machen, endlich die
Rendite zu erhöhen. Sie versuchten es zuerst diskret in
Klubsesseln, in der Schweiz im Zürcher FDP-
Wirtschaftsfilz, in derem Kern die Swissair noch ihre Pfrund war.
Und dann lautstark in der Businesspresse - etwa indem sie
Ranglisten veröffentlichen wie: "Die schlechtesten
Manager Amerikas". Oder: "Die faulsten
Verwaltungsräte".
Das Business fand zwei Antworten: Die eine war
der Boom der grossen Beratungsfirmen - meist spezialisiert
auf Sparprogramme: ein Team teurer, dafür emotionsloser
Spezialisten für Grausamkeiten. Die zweite war der
Manager-Hype. Das machte einem völlig neuen Typ von
Konzernchef den Weg frei: kein Verwalter, sondern als
Man-Age-r Starke, Charismatische zu allem bereit. Resultat,
die betroffenen Menschen (man) alterten (age) im Erwerb schneller.
Dafür rissen sich Manager Goldene Fallschirme unter den Nagel.
Vor Arbeitsbeginn (Mario Corti 12 Millionen) und auch nach
gravierenden Misserfolgen (ABB- Mager der 1. Generation). "Das
Wichtigste, was ein neuer CEO beherrschen muss", sagte der General-
Electric- Erneuerer und damit zum Guru gewordene Jack Welch, "die
Firma von oben bis unten durcheinander wirbeln." Solch
intellektueller Unsinn wurden das Vorbild einer ganzen
Managergeneration. Von ihnen wurde völlig Neues gefordert, nicht
einfach Management,
sondern Ausstrahlung,
nicht Vorsicht, sondern Action. Die Börse wollte in der New Economy
Spektakel, sie sollte es mit dem Share Holder Value Kult bis zum Crash
bekommen!
Die neue Generation der Schweizer CEOs kam in
zwei Schritten an die Macht: erst durch die Abrechnung, dann durch
die Party. Mit der Konzentration auf die Börse boomte ein ganzer Mikrokosmos: Die
Journalisten schrieben
die Erweckungsgeschichten. Die Berater sattelten von
Schlankheitskuren auf Visionen und Expansionen um: Riesenfusionen,
Riesenübernahmen, Riesenstrategien für die neuen,
unermesslich riesigen Internetmärkte, bei der Swissair die
Hunter- Strategie. Die Analysten, zuvor trockene
Berichtschreiber für trockene Profis, wurden vom Fernsehen interviewt und selber
kleine mächtige Stars. Ihre Zahl verdreifachte sich
in den USA in 10 Jahren. Ein junger Literaturzweig blühte, die
Managementliteratur.
Management by Objectives, by Walking Around, by Reengineering, by
Excellence! Diese Art Literatur wurde die Mode für den Kopf in der
Businessgemeinde (die ausser Krawatten sonst kaum modisch punkten
konnte). In Seminaren traten dann die Propheten und Bekehrten auf und
versorgten Manager und Aktionäre mit Selbstvertrauen, Zielen
und todsicheren Rezepten.
Noch bis 1990 waren die meisten Topshots ETH-
Ingenieure (also Fachleute) und Offiziere. Ende 1999
hingegen kamen fast alle aus der HSG St. Gallen, hatten einen
MBA (möglichst in Harvard) gemacht, in der
Finanzbranche gearbeitet und sich den Schliff in einer
Beratungsfirma (vorzugsweise McKinsey) geholt. Und ihr Gehalt war
um ein Mehrfaches höher: Um den CEO- Goldesel zu
motivieren, den Kurs kräftig zu steigern, hatte die
Businessgemeinde ihm wie bei einem Windhundrennen ein goldenes
Flies vor die Nase gebunden: mit fetten Zuteilungen von Aktien und
Optionen. Die Topmanager hatten die Botschaft
verstanden und die Management Gurus und Berater halfen ihnen bei
der Umsetzung. Dann, 2001, brach die Börse ein. Hässlich
klang auch das Geschrei der eben noch gierigen
Kleinaktionäre. Die gottlose Businesspresse, die über
Nacht von "Hosianna!" zu "Kreuzigt ihn!" umschwenkte. Und damit den
gleichen Denkfehler wiederholte: Sie hielt den CEO allein
für Erfolg oder Krise eines Unternehmens
verantwortlich. Dabei widerlegen diese These sämtliche
Studien: Konjunktur, Mitarbeiter, Konkurrenz, sogar Glück sind
wesentlich wichtiger für den Erfolg einer Firma als der Boss.
Warren Buffett sagte dies sehr trocken: "Wenn ein gutes
Management in eine schlechtes Unternehmen kommt, überlebt
in der Regel die Reputation des Unternehmens." Business hat wenig
Stil; viele Kleinkarierte, die buckeln, bewundern oder
beissen. Nicht Manager lernen, das wäre ja für deren Lohn
viele zu anstrengend, gemäss Gurus, die ihnen gefallen,
angeblich die Organisation. "Business has learned!", sagten
die Manager am WEF 2003 nach dem Börsencrash: Nun wähle
man wieder solide Typen als Chef.
Diese soliden Typen - als ehemalige Nummer 3 oder
4 knapp dem Sumpf entkommen - bekamen dann die CEO-Posten mit dem
Auftrag aufzuräumen. Keine frechen ultraliberalen politischen
Statements, keine Extravaganzen mehr. Was grosse Pläne betraf,
galt wieder das Wort des ehemaligen deutschen Bundeskanzlers Helmut
Schmidt: "Wer Visionen hat, sollte zum Arzt gehen!" Die sehr grauen
Manager kehrten zurück. Doch die Gier, die einst Ivan Boesky
ausgerufen hatte, blieb. Längst haben die Löhne nichts
mehr mit Erfolg zu tun. Selbst im Horrorjahr 2001 - mit
Swissair- Debakel und New-Economy- und Aktiencrash - stiegen die
Managementlöhne um 4 Prozent. In den guten Börsenjahren
danach explodierten sie wie nie zuvor: Der durchschnittliche CEO
verdient rund 2 Millionen Franken, ein Top- CEO wie Oswald
Grübel genehmigte sich 2005 dank der Hochkonjunktur eine
Lohnsteigerung um 179 Prozent.
Die Toplöhne werden weiter steigen. Erstens,
weil Topmanager, Topmanager kontrollieren. Zweitens, weil die
Aktionäre am kürzeren Hebel sitzen. Das
Aktionariat ist zersplittert. Und drittens: Selbst gegenüber
einem strengen Verwaltungsrat wird der CEO immer die
Möglichkeit haben, ihn zu überrumpeln. Zahlen, Kurse,
Benchmarks lassen sich für einige Jahre bestens
manipulieren. So sitzt nun eine weit gehend homogene Kaste
in den Chefsesseln: dynamische, graue, neureiche Männer mit
ähnlichem Lebenslauf und ähnlichen Vorstellungen. Zwar
wächst mit dem Geld ihr Einfluss, aber gleichzeitig
ihre Verwundbarkeit - die Angst vor Kritik und Neid.
Unsicher, gierig, halb von der eigenen Machtfülle
überzeugt.
Sie sehen, man kann seine Prinzipien im Bewusstsein des
eigenen Wertschöpfungs- und
Lebenserfüllungsprinzipsselbstbestimmt der unverfügbar von Gott
geschaffenen Lebenswirklichkeit anpassen, oder sich vom
menschgemachten Systemen dazu fremdbestimmen lassen, dass man sich
zur Profilierung darin als Systemhüter, zu deren
Verschliessen an sich selbst hergibt. Wer so seine Seele verkauft
ist Teil des Problems an sich geschlossener System, deren
Eigendynamik nach allem Wissen, sich selbst
zerstörend ist!