1.3 Enormer Aufwand
Kontext: Grosse Männer setzen sich für grosse Werte mit enormen Aufwand an Material und Menschen ein. Da sie dies aber nur mit 1/3 ihrer inneren Ressourcen, den in Bezug auf ihre Lebenserfüllung unbewussten, mit Teilsystemoptimierung auf Kosten des Ganzen tun, führt das am Ende jedoch immer nur in immer grössere Krisen. Kein Wunder, hinterliess der Wirtschaftsboom in der Nachkriegszeit, der längste aller Zeiten, kaum Gesichter. Es blieb die erste Generation der Produkte, die uns nun Beliebigkeit ermöglichen. Dafür wollte man keine Führer und Helden mehr; davon hatte man aus dem 2. Weltkrieg die Nase voll. Man wollte Technokraten für bürokratisch organisierte, in Kartellen abgeschottete Unternehmen mit schwerfälligen Hierarchien. Sie machten bis hin zum Direktor langsame, berechenbare Karrieren, die einem 30- jährigen Schachspiel glichen. Kandidaten für das oberste Kader wurden Jahrzehnte beschnüffelt, bis sie den richtigen Geruch annahmen. Die obersten Chefs verdienten gut, aber nicht spektakulär. Dafür war das Risiko gering. Denn der Markt schluckte fast jedes Produkt. Passierte trotzdem etwas Dummes, sprang der Staat ein - mit einem Grossauftrag hier oder einer Exportrisikogarantie dort. "Es war eine tolle Hochkonjunktur", erinnerte sich etwa die spätere graue Eminenz der FDP, Ulrich Bremi, an seine Anfänge als Firmenchef 1963: "Man konnte die Ski verkanten, wie man wollte, es kam immer gut raus."
Noch im Kalten Krieg endete der Erwerbsfriede Anfang der 80er-Jahre, zuerst in Amerika. Die grossen Konzerne waren in den 70ern schleichend weniger profitabel geworden, ihre Rendite sank von 8 auf 6 Prozent. Ein Grund für die Trägheit war Wachstum und Verfilzung. Fast alle Giganten waren Mischkonzerne. Die fetten, labyrinthischen Organisationen lockten Firmenräuber an: Raider. Diese übernahmen mit geliehenen Millionen Grosskonzerne und schlachteten sie. Die Profite waren sensationell. Die Raider wurden stinkreich, in der Schweiz ein 23-jähriger ehemaliger Banklehrling namens Werner K. Rey, der über Nacht das Traditionsunternehmen Bally übernahm. Das Establishment war entsetzt. "Gier ist in Ordnung . . . jeder sollte etwas gierig sein." Entsprechend scharf kontrollierten die Finanzbehörden. Wenige Jahre nach ihren Coups mit "kreativen Buchhaltungen landeten fast alle Raider im Gefängnis. Die Handschellen klickten unter Applaus.
Nun begannen die Grossaktionäre Druck auf die Verwaltungsräte ihrer Firmen zu machen, endlich die Rendite zu erhöhen. Sie versuchten es zuerst diskret in Klubsesseln, in der Schweiz im Zürcher FDP- Wirtschaftsfilz, in derem Kern die Swissair noch ihre Pfrund war. Und dann lautstark in der Businesspresse - etwa indem sie Ranglisten veröffentlichen wie: "Die schlechtesten Manager Amerikas". Oder: "Die faulsten Verwaltungsräte".
Das Business fand zwei Antworten: Die eine war der Boom der grossen Beratungsfirmen - meist spezialisiert auf Sparprogramme: ein Team teurer, dafür emotionsloser Spezialisten für Grausamkeiten. Die zweite war der Manager-Hype. Das machte einem völlig neuen Typ von Konzernchef den Weg frei: kein Verwalter, sondern als Man-Age-r Starke, Charismatische zu allem bereit. Resultat, die betroffenen Menschen (man) alterten (age) im Erwerb schneller. Dafür rissen sich Manager Goldene Fallschirme unter den Nagel. Vor Arbeitsbeginn (Mario Corti 12 Millionen) und auch nach gravierenden Misserfolgen (ABB- Mager der 1. Generation). "Das Wichtigste, was ein neuer CEO beherrschen muss", sagte der General- Electric- Erneuerer und damit zum Guru gewordene Jack Welch, "die Firma von oben bis unten durcheinander wirbeln." Solch intellektueller Unsinn wurden das Vorbild einer ganzen Managergeneration. Von ihnen wurde völlig Neues gefordert, nicht einfach Management, sondern Ausstrahlung, nicht Vorsicht, sondern Action. Die Börse wollte in der New Economy Spektakel, sie sollte es mit dem Share Holder Value Kult bis zum Crash bekommen!
Die neue Generation der Schweizer CEOs kam in zwei Schritten an die Macht: erst durch die Abrechnung, dann durch die Party. Mit der Konzentration auf die Börse boomte ein ganzer Mikrokosmos: Die Journalisten schrieben die Erweckungsgeschichten. Die Berater sattelten von Schlankheitskuren auf Visionen und Expansionen um: Riesenfusionen, Riesenübernahmen, Riesenstrategien für die neuen, unermesslich riesigen Internetmärkte, bei der Swissair die Hunter- Strategie. Die Analysten, zuvor trockene Berichtschreiber für trockene Profis, wurden vom Fernsehen interviewt und selber kleine mächtige Stars. Ihre Zahl verdreifachte sich in den USA in 10 Jahren. Ein junger Literaturzweig blühte, die Managementliteratur. Management by Objectives, by Walking Around, by Reengineering, by Excellence! Diese Art Literatur wurde die Mode für den Kopf in der Businessgemeinde (die ausser Krawatten sonst kaum modisch punkten konnte). In Seminaren traten dann die Propheten und Bekehrten auf und versorgten Manager und Aktionäre mit Selbstvertrauen, Zielen und todsicheren Rezepten.
Noch bis 1990 waren die meisten Topshots ETH- Ingenieure (also Fachleute) und Offiziere. Ende 1999 hingegen kamen fast alle aus der HSG St. Gallen, hatten einen MBA (möglichst in Harvard) gemacht, in der Finanzbranche gearbeitet und sich den Schliff in einer Beratungsfirma (vorzugsweise McKinsey) geholt. Und ihr Gehalt war um ein Mehrfaches höher: Um den CEO- Goldesel zu motivieren, den Kurs kräftig zu steigern, hatte die Businessgemeinde ihm wie bei einem Windhundrennen ein goldenes Flies vor die Nase gebunden: mit fetten Zuteilungen von Aktien und Optionen. Die Topmanager hatten die Botschaft verstanden und die Management Gurus und Berater halfen ihnen bei der Umsetzung. Dann, 2001, brach die Börse ein. Hässlich klang auch das Geschrei der eben noch gierigen Kleinaktionäre. Die gottlose Businesspresse, die über Nacht von "Hosianna!" zu "Kreuzigt ihn!" umschwenkte. Und damit den gleichen Denkfehler wiederholte: Sie hielt den CEO allein für Erfolg oder Krise eines Unternehmens verantwortlich. Dabei widerlegen diese These sämtliche Studien: Konjunktur, Mitarbeiter, Konkurrenz, sogar Glück sind wesentlich wichtiger für den Erfolg einer Firma als der Boss. Warren Buffett sagte dies sehr trocken: "Wenn ein gutes Management in eine schlechtes Unternehmen kommt, überlebt in der Regel die Reputation des Unternehmens." Business hat wenig Stil; viele Kleinkarierte, die buckeln, bewundern oder beissen. Nicht Manager lernen, das wäre ja für deren Lohn viele zu anstrengend, gemäss Gurus, die ihnen gefallen, angeblich die Organisation. "Business has learned!", sagten die Manager am WEF 2003 nach dem Börsencrash: Nun wähle man wieder solide Typen als Chef.
Diese soliden Typen - als ehemalige Nummer 3 oder 4 knapp dem Sumpf entkommen - bekamen dann die CEO-Posten mit dem Auftrag aufzuräumen. Keine frechen ultraliberalen politischen Statements, keine Extravaganzen mehr. Was grosse Pläne betraf, galt wieder das Wort des ehemaligen deutschen Bundeskanzlers Helmut Schmidt: "Wer Visionen hat, sollte zum Arzt gehen!" Die sehr grauen Manager kehrten zurück. Doch die Gier, die einst Ivan Boesky ausgerufen hatte, blieb. Längst haben die Löhne nichts mehr mit Erfolg zu tun. Selbst im Horrorjahr 2001 - mit Swissair- Debakel und New-Economy- und Aktiencrash - stiegen die Managementlöhne um 4 Prozent. In den guten Börsenjahren danach explodierten sie wie nie zuvor: Der durchschnittliche CEO verdient rund 2 Millionen Franken, ein Top- CEO wie Oswald Grübel genehmigte sich 2005 dank der Hochkonjunktur eine Lohnsteigerung um 179 Prozent.
Die Toplöhne werden weiter steigen. Erstens, weil Topmanager, Topmanager kontrollieren. Zweitens, weil die Aktionäre am kürzeren Hebel sitzen. Das Aktionariat ist zersplittert. Und drittens: Selbst gegenüber einem strengen Verwaltungsrat wird der CEO immer die Möglichkeit haben, ihn zu überrumpeln. Zahlen, Kurse, Benchmarks lassen sich für einige Jahre bestens manipulieren. So sitzt nun eine weit gehend homogene Kaste in den Chefsesseln: dynamische, graue, neureiche Männer mit ähnlichem Lebenslauf und ähnlichen Vorstellungen. Zwar wächst mit dem Geld ihr Einfluss, aber gleichzeitig ihre Verwundbarkeit - die Angst vor Kritik und Neid. Unsicher, gierig, halb von der eigenen Machtfülle überzeugt.
Sie sehen, man kann seine Prinzipien im Bewusstsein des eigenen Wertschöpfungs-  und Lebenserfüllungsprinzipsselbstbestimmt der unverfügbar von Gott geschaffenen Lebenswirklichkeit anpassen, oder sich vom menschgemachten Systemen dazu fremdbestimmen lassen, dass man sich zur Profilierung darin als Systemhüter, zu deren Verschliessen an sich selbst hergibt. Wer so seine Seele verkauft ist Teil des Problems an sich geschlossener System, deren Eigendynamik nach allem Wissen, sich selbst zerstörend ist!